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MPOG® (Exploration)

Das MPOG® Verfahren (Microbial Prospecting for Oil and Gas) dient der Suche und Erkundung (Exploration) von Erdöl- und Erdgaslagerstätten im tieferen Untergrund und wurde vor 50 Jahren von W. SCHWARZ und M. WAGNER entwickelt.

MPOG® ist ein Oberflächenverfahren, bei dem systematisch angeordnete Proben aus dem oberen Bodenhorizont (Tiefe: 1-2 m) auf das Vorkommen bestimmter, Kohlenwasserstoff-verwertender Bakterien untersucht werden. Mit speziellen mikrobiologischen und biochemischen Analysen wird die Anzahl und Aktivität verschiedener Gruppen Methan-, Propan-/Butan-oxidierender Bakterien bestimmt. Die daraus gewonnen Messwerte zeigen Regionen mit stark erhöhter Aktivität und Zellzahl – sogenannte mikrobielle Anomalien – an, die sich nur aufgrund eines zusätzlichen Kohlenwasserstoff-Angebotes oberhalb von erdöl- oder erdgasführenden Strukturen entwickeln können. Der Nachweis einer solchen mikrobiellen Anomalie deutet daher auf ein entsprechendes Kohlenwasserstoff-Vorkommen im Untergrund hin.

Dabei kann mittels MPOG® nicht nur sicher zwischen Kohlenwasserstoffführenden Strukturen und negativen Gebieten, sondern durch die Differenzierung verschiedener Bakteriengruppen auch zwischen Öl- und Gaslagerstätten unterschieden werden. Fehlt dieses zusätzliche Kohlenwasserstoff-Angebot können sich keine signifikanten Bakterienpopulationen auf KW-Basis ausbilden und lediglich Basiswerte (Background) werden registriert.

Die mikrobielle Erdöl- und Erdgas Prospektion bietet folgende Vorteile:

  • Sichere Unterscheidung zwischen kohlenwasserstoffführenden und negativen Gebieten
  • Unterscheidung zwischen Öl- und Gaslagerstätten
  • Einsparung hoher Explorationskosten durch Ausschluss nicht-prospektiver Gebiete
  • In allen Regionen und im offshore Bereich anwendbar
  • Effektiv auch in schwer zugänglichen Gebieten
  • Reproduzierbare Ergebnisse selbst von Strukturen mit komplexem geologischem Bau
  • Wiederholungs- und Verdichtungsmessungen auch nach langer Zeit (z.B. 1 Jahr) möglich
  • Einfache, schnelle und umweltfreundliche Probenahme (in Schutzgebieten anwendbar)
  • Gut kombinierbar mit anderen Explorationsverfahren
  • Schnell, kostengünstig und zuverlässig
  • Keine „Halo“-Effekte messbar

Methode

Grundlagen der mikrobiellen Erdöl und Erdgas Prospektion

Das MPOG® Verfahren beruht auf der Tatsache, dass leichte Kohlenwasserstoffe in geringen Spuren aus Erdöl- und Erdgas-Lagerstätten austreten und durch verschiedene Transportprozesse bis an die Erdoberfläche gelangen.

In allen oberflächennahen Bodenhorizonten und Sedimenten existiert eine Vielzahl von Mikroorganismen, die in der Lage sind, bereits extrem geringe Konzentrationen (10-6 Vol%) dieser kurzkettigen Kohlenwasserstoffe zu verwerten und auf dieser Basis aktive Populationen aufzubauen. Ihre Entwicklung ist von einem gleichbleibenden Angebot der Kohlenwasserstoffe über einen langen Zeitraum abhängig. Dieses konstante Kohlenwasserstoffangebot findet sich nahezu ausschließlich oberhalb von Erdöl- und Erdgasführenden Strukturen. Unter diesen Voraussetzungen entwickeln sich nachweisbare Bakterienpopulationen mit signifikant erhöhter Zellzahl und Aktivität.

Für die Suche nach Erdöl- und Erdgaslagerstätten sind zwei gut differenzierbare Bakteriengruppen von Bedeutung:

  • Kohlenwasserstoff-oxidierende Bakterien (KWO)
  • Methan-oxidierende Bakterien (Methylotrophe)

Aufgrund der Spezialisierung der Methan-oxidierenden Bakterien auf die Verwertung von C1-Verbindungen ist es leicht möglich, diese Gruppe von anderen Bakterien zu differenzieren und ihre biochemische Aktivität zu messen. Ein signifikanter Anstieg der Aktivität Methan-oxidierender Bakterien ist ein Indikator für Erdgasvorkommen.

Die zweite Bakteriengruppe nutzt kurzkettige Kohlenwasserstoffe (C2 – C8) als Energiequelle. Diese Mikroorganismen sind nicht in der Lage Methan zu verwerten. Die kurzkettigen Kohlenwasserstoffe Ethan, Propan und Butan werden von einer ganzen Reihe unterschiedlicher Bakteriengattungen verwertet. Der Nachweis von hochaktiven Bakterien, die auf Alkanen mit 2-8 Kohlenstoffatomen wachsen, deutet auf Erdölvorkommen im entsprechenden Untersuchungsgebiet hin.

Auf Grundlage eines komplexen mikrobiologischen Untersuchungsprogramms zur Bestimmung der Keimzahlen und der biochemischen Aktivität spezifischer Bakterien, wird für jede Bodenprobe ein Öl- und ein Gas-Indikator bestimmt. Karten mit den nachgewiesenen Anomalien zeigen die Lage und Ausdehnung der Kohlenwasserstoff-Indikationen.


Je höher dieser Indikator, um so intensiver die Versorgung der Bakterien mit Kohlenwasserstoffen und umso größer die Wahrscheinlichkeit an diesen Stationen eine Lagerstätte zu finden.

Die MPOG® Daten können problemlos in bestehende Explorationsdaten (z.B. Seismik) integriert werden oder zur Vorauswahl besonders interessanter Flächen für nachfolgende, kostenintensivere Verfahren genutzt werden (Wild-cat exploration).

Anwendung

Anwendung der mikrobiellen Erdöl und Erdgas Prospektion

Die Anwendung der mikrobiellen Prospektion setzt keine geologischen oder seismischen Daten voraus. In Gebieten, in denen noch keinerlei geophysikalische Untersuchungen durchgeführt wurden, kann MPOG® als „green field area“ Exploration angewandt werden, um das Vorkommen von Kohlenwasserstoffen in großflächigen Gebieten anzuzeigen und vollständig negative Gebiete abzugrenzen. Die nachfolgenden geologischen und seismischen Untersuchungen können somit auf Kohlenwasserstoff-positive Gebiete konzentriert werden. Dabei liegen die Probenahmepunkte in Form eines Gitters über dem Untersuchungsgebiet. Der Abstand zwischen den Stationen beträgt in Abhängigkeit von der erwarteten Reservoirgröße zwischen 500 m und max. 2.000 m.

Um ein detaillierteres Bild einer Kohlenwasserstoff-Anomalien zu erzielen, sollte der Probenabstand auf 250 m bis 500 m reduziert werden. Hierbei erfordert weder die praktische Durchführung noch die Auswertung der Daten Kenntnisse der Position der geologischen Strukturen. Nach Vorliegen der Ergebnisse können die unabhängig voneinander erhobenen geophysikalischen und mikrobiologischen Daten miteinander verglichen und so ein komplexes Bild der geologischen Situation generiert werden.

Eine weitere Anwendung der mikrobiellen Prospektion ist die Reservoir Charakterisierung. In diesem Fall sollte der Abstand zwischen den Proben nicht mehr als 200 m betragen. Das Untersuchungsgebiet ist auf eine bereits bekannte Lagerstätte begrenzt. Diese Form der Anwendung ist besonders geeignet, um die Ausdehnung der Lagerstätte, oder auch Veränderungen des Öl-Wasser-Kontaktes während der Förderung über mehrere Jahre zu beobachten.

Andere Anwendungsmöglichkeiten sind Kontrollmessungen im Rahmen eines Sicherheitsmonitorings z.B. an Untergrundspeichern oder Pipelines.

Probenahme

Auf dem Festland erfolgt die Entnahme der Bodenproben an den festgelegten Probenahmepunkte mittels einfacher Handbohrgeräte, die auch in ökologisch sensiblen oder besiedelten Gebieten eingesetzt werden können. Die Tiefe, aus der die Proben entnommen werden, liegt zwischen 1 m und 2 m. Je Station werden ca. 200 g Boden entnommen und in sterilen, luftdichten Probentüten aufbewahrt. Zwischenlagerung (bei 4 – 10°C) und Transport der Proben sollte nicht länger als 14 Tage dauern.

Auf See werden Sedimentproben mittels Vibrationsbohrer oder Backengreifer ca. 0,5 m – 2 m unter der Sedimentoberfläche gezogen. Aus diesen Sedimentproben werden an Bord dann die entsprechenden Proben für mikrobiologische Untersuchungen entnommen und steril verpackt.

Fallbeispiele

Fallbeispiele der Mikrobiellen Erdöl und Erdgas Prospektion

Im Folgenden werden einige Fallbeispiele der mikrobiellen Prospektion mit den entsprechenden geologischen und seismischen Daten verglichen. Zum Zeitpunkt der Untersuchungen bis zur Vorlage der Laborergebnisse waren den Autoren keinerlei Daten zur geologischen Struktur der Untersuchungsgebiete bekannt – ausgenommen die bereits existierenden Bohranlagen. Die Fallbeispiele wurden aufgrund ihrer unterschiedlichen geologischen Struktur ausgewählt.

Nebenstehende Abbildung zeigt die Position ausgewählter Untersuchungsgebiete in Europa.

Die in den Fallbeispielen verwendeten Farben zur Darstellung der mikrobiellen Aktivitäten sind in der folgenden Tabelle erklärt.

ErdölErdgasKategorie
Normalaktivität
leicht erhöhte Aktivität
Anomalie B
Anomalie A

Die Einteilung der gemessenen mikrobiellen Aktivitäten in diese vier Kategorien basiert auf Untersuchungen, die in Mitteleuropa bzw. der Nordsee und in Gebieten mit ähnlichen ökologischen Bedingungen durchgeführt wurden. Unter extremen ökologischen Bedingungen, z.B. in Wüstengebieten kann die gesamte Zellaktivität niedriger sein. Trotzdem ist aufgrund der ebenfalls niedrigeren Hintergrundaktivität eine sichere Unterscheidung möglich

Die Hintergrund- oder Normalaktivität, welche hauptsächlich biologischen Ursprungs ist, zeigt i.d.R. kaum signifikante Schwankungen. Erst das zusätzliche Kohlenwasserstoffangebot, das seine Quelle in Öl- bzw. Gasöllagerstätten (in Europa aus Teufen von ca. 2.000 m) hat, ruft signifikante mikrobielle Anomalien hervor. Der thermogenetische Ursprung dieser – auch geochemisch nachweisbaren Kohlenwasserstoffe – kann durch Isotopenanalysen belegt werden (z.B.: delta13C1 = -30 to -40 (‰) PDB).

Durch getrennte Identifizierung von Methan- und Kohlenwasserstoff-oxidierenden Bakterien ist es möglich, zwischen Öl- und Gaslagerstätten bzw. Öllagerstätten mit einer Gaskappe zu unterscheiden. Öllagerstätten ohne freies Gas zeigen neben einer starken Ölindikation keine oder nur eine sehr schwache Gasindikation. Ölfelder mit freier Gaskappe erzeugen signifikante Methan- und Öl-Anomalien. Einige Gasfelder in der Nordsee, die neben Methan auch höhere Kohlenwasserstoffe enthalten (15 %) zeigen sowohl Methan- als auch Ölindikationen. Die Intensität dieser Ölindikationen ist jedoch niedriger als bei vergleichbaren Ölfeldern.

MPOG – Publikationen

  • Baum, M., M. Schmitt, M. Wagner, C. Westerlage (2008)
    Geochemical and Microbiological Surface Investigation in Northern Germany Indicates Interesting Hydrocarbon Potential: Oil Gas European Magazine 1/2008; 10-14
  • Trappe, H.; Wagner, M.; Bleschert, K.; Piske, J.: (2004)
    Verknüpfung von mikrobieller Oberflächenprospektion mit seismischen Attributen am Beispiel einer osteuropäischen Öllagerstätte;Vortrag auf der Frühjahrstagung der DGMK, Celle, Germany
  • Wagner, M., et.al.: (2003)
    MPOG- Microbial Prospection of Oil and Gas; Field Examples and their Geological Background, Lecture on the International Symposium “Recent Trends in surface geochemical Prospecting and Risk Reduction for hydrocarbon Exploration and Development”; Hyderabad, India
  • Wagner, M., M.Wagner, J. Piske, R. Smit (2002)
    Case Histories of Microbial Prospection for Oil and Gas Onshore and Offshore in north-west Europe
    AAPG-SEG Special Publication – Application of Surface Exploration Methods to Exploration, Field Development and Production, edited by D. Schumacher and L. Le-Schack
  • Wagner, M., M. Wagner, (1999)
    Microbial Prospection for Oil and Gas – Case Histories on- and offshore: Conference Ravenna, Italy, 2, 1061-1067.
  • Wagner, M., H.J. Rasch, J. Piske, and B. Ziran, (1998)
    Mikrobielle Prospektion auf Erdöl und Erdgas in Ostdeutschland: Geologisches Jahrbuch, 149, 287-301.
  • Wagner, M., M. Wagner, H.J. Rasch, J. Piske, and M. Baum, (1998)
    MPOG – Microbial prospection for oil and gas. Field examples and their geological background:
    Conference Cracov, Poland, AO-05, 118-121.
  • Baum, M.G., M. Wagner et.a. (1997)
    Application of Surface Prospecting Methods in the Dutch North Sea
    Petroleum Geoscience 3, 171-181
  • Wagner, M. (1966)
    Ergebnisse der mikrobiologischen Prospektion im Küstenbereich der Ostsee
    In Vorträge des Internationalen Symposium „Erdölmikrobiologie“, Brno 1964 (Malek & Schwartz, Ed.), Akademie Verlag Berlin